„Schule macht mich krank und kaputt“: Warum Lehrer krank werden

Es gibt zahlreiche Faktoren, die eine Rolle spielen, wenn sich Lehrer durch ihre Tätigkeit in der Schule krank und kaputt fühlen. Gehen Sie trotz Krankheitsgefühl weiter ihren dienstlichen Verpflichtungen nach, sind Burn out und andere Erkrankungen nicht weit.

Immer mehr aktive Lehrer fallen wegen langfristiger Erkrankungen aus, wie eine Forsa-Umfrage von Schulleitungsmitgliedern ergab. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) gab diese 2023 in Auftrag.

Die körperlichen Belastungen der Lehrkräfte nehmen laut Forsa und VBE seit fünf Jahren kontinuierlich zu. Bei einer Befragung 2019 waren es noch 36, jetzt schon 60 Prozent der Befragten, die diesem Umstand zustimmen. Die Folge: Körperliche und psychische Erkrankungen, die mehrmals kurzfristig im Jahr auftreten und nicht selten nach mehreren Krankenphasen in einer dauerhaften Erkrankung enden.

Ursachen: Warum werden Lehrer krank?

  • Die Politik gibt unrealistische Rahmenbedingungen vor, die Schulaufsicht orientiert sich daran, die Eltern fordern eie bestmögliche Umsetzung – das setzt den Lehrer in ein Spannungsfeld, welches ihn erdrückt.
  • Wertschätzung, Anerkennung und Lob fehlen vielerorts.
  • Die psychosoziale Belastung wird immer größer: Der Unterricht findet in zu großen Klassen statt, es gibt sehr oft Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten und die Arbeitszeiten sind lang.
  • Die Zusammensetzung der Lerngruppen im Hinblick auf Leistungsstärken und -schwächen, Förderstatus, Deutschkenntnissen und körperlichen sowie geistigen Beeinträchtigungen macht das Unterrichten kaum mehr möglich.
  • Der Lehrermangel ist kaum noch aufzufangen und macht diejenigen, die noch vor Ort sind, kaputt.
  • Vollzeitbeschäftigte leiden zunehmend unter Kollegen, die in Teilzeit arbeiten. Die Stundenplangestaltung richtet sich oftmals nach den Öffnungszeiten der Kita und benachteiligt damit Lehrkräfte, deren Kinder schon älter oder die kinderlos sind.
  • Schüler werden zunehmend gewalttätiger und hemmungsloser in ihrem Verhalten. Das schürt Ängste und Panikattacken mancher Lehrkräfte.
  • Nach einigen Dienstjahren sind viele Lehrkräfte so erschöpft, dass die Ferienzeiten zur Erholung nicht mehr ausreichen. Depressive Verstimmungen, Depressionen und Burn out sind oftmals die Folge.
  • Neben Essstörungen führen die psychischen Belastungen häufig zu psychosomatischen Erkrankungen. Viele Lehrer leiden unter Rückenschmerzen, haben einen Tinnitus oder Zwangsstörungen entwickelt.
  • Zahlreiche Lehrkräfte fühlen sich fremdbestimmt. Sie haben das Gefühl, dass sich die Politiker und die Mitarbeiter der Schulaufsicht zu sehr in ihre Belange einmischen und Verordnungen erlassen, die fernab jeglicher Nachvollziehbarkeit und Logik ins Leben gerufen werden. Zudem haben aktive Lehrer kaum Mitspracherechte. Jegliche Punkte die Bildung betreffend werden „von oben“ bestimmt, ohne darauf zu achten, was die Betroffenen „unten“ wirklich brauchen oder was Sinn machen würde.
  • Die seit Jahren nicht enden wollenden Diskrepanzen bringen Lehrer an ihre Grenzen, sie können nicht mehr. Ihr persönlichen Ziele und Interessen, die sie im Lehramtsstudium noch verfolgten, stimmen mit dem realen Schulalltag nicht überein.

Was kannst du tun?

Werde dir klar, ob dieser Job noch der richtige für dich ist. Bist du immer wieder krank, weil die Rahmenbedingungen dich ersticken, weil in deinen Klassen kaum noch jemand Deutsch spricht, weil du dich überfordert fühlst, weil du 30 Kindern oder Jugendlichen mit unterschiedlichen Leistungsstärken nicht gerecht werden kannst, weil du den Umgang mit Kinder und Jugendlichen mit ausgeprägten Defiziten nie gelernt hast und dafür auch nciht angetreten bist, weil du gemobbt wirst, weil dich niemals jemand wertschätzt…. weil du so einfach nicht mehr weiter machen kannst….dann ändere etwas!

Nimm Beratungsangebote wahr. Manchmal ist eine therapeutische Behandlung sinnvoll, manchmal ein Schulwechsel, manchmal ein beruflicher Neustart. Über Therapie, Versetzungsantrag und Jobwechsel gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Problemen aus dem Weg zu gehen. Denn eins ist gewiss: An den Zuständen im deutschen Bildungssystem wird sich so schnell nichts ändern, und du allein kannst gegen die „da oben“ auch nichts ausrichten. Jegliche Bemühungen, Rahmenbedingungen verändern zu wollen, schlagen bei angeschlagenen Lehrkäften grundsätzlich fehl. Deswegen sprechen Amtsärzte auch häufig immer nur die Empfehlung der Frühpensionierung aus, wenn ein Lehrer zu häufig oder dauerhaft fehlt.

Es gibt klinische, integrative Behandlungskonzepte, die bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen Strategien für einen anderen Umgang mit berufsspezifischen Belastungen erarbeiten. Hier planst du eine ausgeglichene Work-Life-Balance, übst in Rollenspielen Konfliktgespräche mit Vorgesetzten und Eltern, lernst, wie du dich besser abgrenzt und vertiefst effektive Techniken zur Stressbewältigung. Solche Behandlungen eignen sich für dich, wenn du im Schuldienst verbleiben möchtest.

Kannst du dich darauf nicht einlassen, bieten sich Alternativen zum Lehrerberuf an. Es gibt zahlreiche andere Berufe, in denen du mit deinem Abschluss arbeiten kannst. Lies dazu einfach meinen Artikel Alternativen zum Lehrerberuf – Berufe nach dem Ausstieg. Fühlst du dich unglücklich in deinem Job, pack das Problem bei den Wurzeln. Daran sollte dich auch keine Verbeamtung hindern.

4 Antworten auf „„Schule macht mich krank und kaputt“: Warum Lehrer krank werden

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  1. Schön, ich würde kritisieren, dass die Frage nicht ist „ob der Job das richtige für dich ist“, sondern wie man auch eigene Lernmethodiken entwickeln kann, durch die die Arbeit für sich selbst angenehmer werden kann. Ein Kollege von mir bietet, und ich, Coaching als eine Möglichkeit an, sich die Theorie selbst zu erarbeiten und so entsteht im Unterricht mehr Freiraum, als auch Sorgen. Gleichzeitig nicht einfach oder auch vielleicht je nach Unterricht kaum möglich, wenn vom Bildungsministerium vergegeben wird, dass musst du so unterrichten, aber wieso nicht das ganze spielerisch vermitteln? Wenn aber zum Beispiel (damals) Gymnasium der Lehrer Zwangslektion 2 durchführen muss, dann ist das gleichzeitig unmöglich? oder doch? Ich hab wirklich panische Angst dieses Semster gehabt und auch keine Lust vor einer Vorlesung gehabt und dann einfach gefragt „wie findet ihr die Theorie?“ und die Stunde war unglaublich schnell vorbei – und es hat mir Spaß gemacht – als auch Angst, das kommt mit viel Unsicherheit „klappt das dann?“

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    1. Ich stimme dir zu. Nicht jeder muss sich die Frage stellen. Es gibt vieles, was man mit Coaching und der richtigen Begleitung schaffen kann, um im Job zu bleiben. Aber für einige ist es tatsächlich der Weg, sich über diese Fragestellung klar zu werden, ob sie im richtigen Job sind. So viele gehen ins Lehramtsstudium, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was da auf sie zukommt. Dann sind sie im Job und erfahren die Realität, mit der sie nicht zurecht kommen. Viele erkranken dann häufiger. Sie sehen die Abstinenz von der Schule als Erholung, ohne die Zeichen, die der Körper schickt, richtig zu deuten. Für diejenigen meinte ich, dass sie sich die Frage selbst stellen sollten.
      Danke dir für deinen wertvollen Kommentar🙂 und LG

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      1. Oh ja, danke für dein Feedback. Das kann ich mir auch vorstellen; deswegen habe ich 6 Praktikas absolviert, mein letztes mit 28 in der Politik, weil ich wirklich wissen wollte, ob das was für mich ist- bevor ich das machen würde. Ich hatte mal von einem Arzt gelesen, der das Medizinstudium absolviert hat und dann im letztes Jahr (Praktikum?) gemerkt hat, dass er kein Blut sehen kann und dann nicht Arzt geworden ist. Persönlich hatte ich auch einmal eine Vorlesung von 100 Studierenden, dachte das läuft toll und alles lief scheiße und ich habe erst mal geheult – sehr lange. Online Lehre ist auch so ähnlich “ HALLO IST JEMAND DA??? SAGT BITTE WAS!!!“ Wenn man länger zusammen arbeitet, ist das dann für alle witzig, aber so am Anfang das geht noch nicht. Lehrer/in sein ist schon ein harter Beruf. 😀

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